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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Öffentliches RechtVerfassungsrecht

Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht

- EinigVtr v. 31.8.1990 II 889, 890 - 892, -
sieht folgende Maßgaben vor:

Artikel 3
Inkrafttreten des Grundgesetzes
Mit dem Wirksamwerden des Beitritts tritt das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 1983 (BGBl. I S. 1481), in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in dem Teil des Landes Berlin, in dem es bisher nicht galt, mit den sich aus Artikel 4 ergebenden Änderungen in Kraft, soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist.

Artikel 4
Beitrittsbedingte Änderungen des Grundgesetzes
... (betroffen: Präambel, Art. 23, 51, 135a, 143, 146)

Artikel 5
Künftige Verfassungsänderungen
Die Regierungen der beiden Vertragsparteien empfehlen den gesetzgebenden Körperschaften des vereinten Deutschlands, sich innerhalb von zwei Jahren mit den im Zusammenhang mit der deutschen Einigung aufgeworfenen Fragen zur Änderung oder Ergänzung des Grundgesetzes zu befassen, insbesondere
-
in bezug auf das Verhältnis zwischen Bund und Ländern entsprechend dem Gemeinsamen Beschluß der Ministerpräsidenten vom 5. Juli 1990,
-
in bezug auf die Möglichkeit einer Neugliederung für den Raum Berlin/Brandenburg abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 des Grundgesetzes durch Vereinbarung der beteiligten Länder,
-
mit den Überlegungen zur Aufnahme von Staatszielbestimmungen in das Grundgesetz sowie
-
mit der Frage der Anwendung des Artikels 146 des Grundgesetzes und in deren Rahmen einer Volksabstimmung.


Artikel 6
Ausnahmebestimmung
Artikel 131 des Grundgesetzes wird in dem in Artikel 3 genannten Gebiet vorerst nicht in Kraft gesetzt.

Artikel 7
Finanzverfassung
(1) Die Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland wird auf das in Artikel 3 genannte Gebiet erstreckt, soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist.
(2) Für die Verteilung des Steueraufkommens auf den Bund sowie auf die Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) in dem in Artikel 3 genannten Gebiet gelten die Bestimmungen des Artikels 106 des Grundgesetzes mit der Maßgabe, daß
1.
bis zum 31. Dezember 1994 Absatz 3 Satz 4 und Absatz 4 keine Anwendung finden;
2.
bis zum 31. Dezember 1996 der Anteil der Gemeinden an dem Aufkommen der Einkommensteuer nach Artikel 106 Abs. 5 des Grundgesetzes von den Ländern an die Gemeinden nicht auf der Grundlage der Einkommensteuerleistung ihrer Einwohner, sondern nach der Einwohnerzahl der Gemeinden weitergeleitet wird;
3.
bis zum 31. Dezember 1994 abweichend von Artikel 106 Abs. 7 des Grundgesetzes den Gemeinden (Gemeindeverbänden) von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftssteuern und dem gesamten Aufkommen der Landessteuern ein jährlicher Anteil von mindestens 20 vom Hundert sowie vom Länderanteil aus den Mitteln des Fonds "Deutsche Einheit" nach Absatz 5 Nr. 1 ein jährlicher Anteil von 40 vom Hundert zufließt.
(3) Artikel 107 des Grundgesetzes gilt in dem in Artikel 3 genannten Gebiet mit der Maßgabe, daß bis zum 31. Dezember 1994 zwischen den bisherigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland und den Ländern in dem in Artikel 3 genannten Gebiet die Regelung des Absatzes 1 Satz 4 nicht angewendet wird und ein gesamtdeutscher Länderfinanzausgleich (Artikel 107 Abs. 2 des Grundgesetzes) nicht stattfindet. Der gesamtdeutsche Länderanteil an der Umsatzsteuer wird so in einen Ost- und Westanteil aufgeteilt, daß im Ergebnis der durchschnittliche Umsatzsteueranteil pro Einwohner in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in den Jahren
199155 vom Hundert
199260 vom Hundert
199365 vom Hundert
199470 vom Hundert

des durchschnittlichen Umsatzsteueranteils pro Einwohner in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein beträgt. Der Anteil des Landes Berlin wird vorab nach der Einwohnerzahl berechnet. Die Regelungen dieses Absatzes werden für 1993 in Ansehung der dann vorhandenen Gegebenheiten überprüft.
(4) Das in Artikel 3 genannte Gebiet wird in die Regelungen der Artikel 91a, 91b und 104a Abs. 3 und 4 des Grundgesetzes einschließlich der hierzu ergangenen Ausführungsbestimmungen nach Maßgabe dieses Vertrags mit Wirkung vom 1. Januar 1991 einbezogen.
(5) Nach Herstellung der deutschen Einheit werden die jährlichen Leistungen des Fonds "Deutsche Einheit"
1.
zu 85 vom Hundert als besondere Unterstützung den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie dem Land Berlin zur Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs gewährt und auf diese Länder im Verhältnis ihrer Einwohnerzahl ohne Berücksichtigung der Einwohnerzahl von Berlin (West) verteilt sowie
2.
zu 15 vom Hundert zur Erfüllung zentraler öffentlicher Aufgaben auf dem Gebiet der vorgenannten Länder verwendet.
(6) Bei grundlegender Veränderung der Gegebenheiten werden die Möglichkeiten weiterer Hilfe zum angemessenen Ausgleich der Finanzkraft für die Länder in dem in Artikel 3 genannten Gebiet von Bund und Ländern gemeinsam geprüft.
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Übersicht: Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen (Art. 19 III GG)

Übersicht über die Grundrechtsfähigkeit inländischer und ausländischer juristischer Personen des Privatrechts und öffentlichen Rechts. 

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Juristische Personen
  3. Juristische Personen des Privatrechts
  4. Juristische Personen des öffentlichen Rechts
  5. „Inländische" bzw. ausländische juristische Personen
  6. Wesensmäßige Anwendbarkeit

 

Gem. Art. 19 III GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

 

Juristische Personen

Juristische Personen des Privatrechts

  • Verfassungsautonome Auslegung; diese ist weiter als die des einfachen Rechts, denn sonst könnte der Gesetzgeber über das einfache Recht die Reichweite der Geltung der Grundrechte bestimmen; das einfache Recht (z.B. Zivilrecht) hat jedoch indizielle Funktion.
  • Verfassungsautonome Auslegung erfordert funktionale Betrachtung: Voraussetzung ist ‚Hinreichende Binnenorganisation‘.

Hinreichende Binnenorganisation = 

  • Zur Willensbildung fähig
  • Zur einheitlichen Vertretung nach außen fähig

Beispiele:

  • Privatrechtliche juristische Personen wie Verein (§§ 21ff. BGB) oder Stiftung (§§ 80 ff. BGB) und ihre Sonderformen (z.B. AG, GmbH).
  • Jede Personenmehrheit, die grundrechtstypisch gefährdet werden kann (z.B. auch OHG, Partnerschaft); nicht jedoch schlichte Personenmehrheiten (z.B. Kalles Kneipentreff; sporadische Lernrunde)

 

Juristische Personen des öffentlichen Rechts

  • Grundsätzlich nicht grundrechtsfähig (h.M.)
    (proSystematik: Der Staat kann nicht aus Art. 1 III GG Grundrechtsverpflichteter und gleichzeitig Grundrechtsträger sein (Konfusionsargument). Systematik/Telos: Juristischen Personen des öffentlichen Rechts stehen dem Staat nicht in einer (Bürgern vergleichbaren) grundrechtstypischen Gefährdungslage gegenüber. 
  • Ausnahmen:
    • Grundrechtsdienende Körperschaften
      Wenn die juristischen Personen des öffentlichen Rechts gerade dem Bürger zur Verwirklichung spezifischer Grundrechte dienen (sog. grundrechtsdienende Körperschaften) und sich ebenfalls in einer grundrechtstypischen Gefährdungslage befinden (dazu sogleich), da sie unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind oder ihm kraft ihrer Eigenart von vornherein zugehören.
      Beispiele: Rundfunkanstalten, insb. in Bezug auf Art. 5 I 2 GG; Universitäten, insb. in Bezug auf Art. 5 III 1 GG; Kirchen / sonstige öffentlich-rechtliche Weltanschauungsgemeinschaften, insb. in Bezug auf Art. 4 I, 140 GG
    • Verfahrensgrundrechte
      Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich stets auf die Verfahrensgrundrechte berufen.
      Beispiele: Art. 19 IV, 101 I 2, 103 I GG

 

„Inländische“ bzw. ausländische juristische Personen

  • Art. 19 III GG eröffnet den Schutzbereich der Grundrechte ausweislich seines Wortlautes lediglich für „inländische" juristische Personen.

Wann gilt eine juristische Person als „inländisch"?

  • BVerfG: Sitztheorie
    Effektiver Sitz in Form der Hauptverwaltung / des tatsächlichen Aktionszentrums im Inland (und nicht ihres in der Satzung genannten Sitzes)
  • e.A.: Gründungs-/Satzungstheorie
    Gründung im Inland (z.B. als GmbH) oder in der Satzung genannter Sitz im Inland
  • Ausnahmen:
    • Verfahrensgrundrechte
      Eine Ausnahme gilt erneut für die Verfahrensgrundrechte (Art. 19 IV, 101 I 2, 103 I GG), die sämtlichen (auch nicht-EU) ausländischen juristischen Personen zugebilligt werden.
    • Juristische Personen mit Sitz in der Europäischen Union

Gilt eine Ausnahme für juristische Personen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union?

  • e.A. (–) Nein
    (pro) Wortlaut „inländisch"
  • BVerfG: (+) Ja
    (pro): Systematik: Anwendungsvorrang der Grundfreiheiten (Art. 26 II AEUV) und des europarechtlichen Diskriminierungsverbotes (Art. 18 AEUV), sofern ein „hinreichender Inlandsbezug" der ausländischen juristischen Person gegeben ist (z.B. diese wird in Deutschland tätig und kann hier vor den Fachgerichten klagen und verklagt werden)

 

Folgefrage: Können sich juristische Personen aus anderen Mitgliedsstaaten der EU dann nur auf die Jedermanngrundrechte oder auch unmittelbar auf die Deutschengrundrechte berufen? 
Siehe hierzu parallel für natürliche Personen auch die Übersicht: Persönlicher Schutzbereich der Deutschengrundrechte (Art. 116 I GG)

  • BVerfG: Keine unmittelbare Berufung auf Deutschengrundrechte
    Dies gilt jedoch nicht für die Deutschengrundrechte; hier nur Berufung auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) als Auffanggrundrecht – allerdings mit dem gleichen Schutzgehalt wie das jeweilige Deutschengrundrecht 
  • a.A.: Dies gilt auch für die Deutschengrundrechte (z.B. Art. 12 I GG); unmittelbare Berufung auf diese möglich

 

Wesensmäßige Anwendbarkeit

Wesensmäßige Anwendbarkeit = Das Grundrecht ist seinem Wesen nach nicht nur auf Privatpersonen, sondern auch auf juristische Personen anwendbar, da es nicht an natürliche Qualitäten des Menschen bzw. das „Menschsein" an sich anknüpft

Wann sind Grundrechte wesensmäßig auf juristische Personen anwendbar?

  • BVerfG: Theorie des personalen Substrats
    Testfrage: Sind Gründung und Betätigung der juristischen Person Ausdruck der freien Entfaltung der hinter ihr stehenden natürlichen Personen, sodass ein staatlicher Eingriff in die Rechte der juristischen Person auch einen Durchgriff in die Rechte der hinter ihr stehenden Personen bedeuten würde (daher teilw. auch: Durchgriffstheorie)?
  • h.L.: Theorie der grundrechtstypischen Gefährdungslage
    Testfrage: Ist die juristische Person einer – einer natürlichen Person vergleichbaren – grundrechtstypischen Gefährdungslage aufgrund von freiheitsgefährdenden staatlichen Eingriffen ausgesetzt? 
  • Beispiele:
    • Keine wesensmäßige Anwendbarkeit auf juristische Personen
      • Menschenwürde (Art. 1 I 1 GG)
      • Leben, Gesundheit (Art. 2 II 1 GG)
      • Freiheit (Art. 2 II 2 GG)
      • Ehe, Familie (Art. 4 I GG)
    • Wesensmäßige Anwendbarkeit auf juristische Personen
      • Wirtschaftliche Betätigung (Art. 12 GG)
      • Eigentum (Art. 14 GG)
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