BGB Bürgerliches Gesetzbuch
Familienrecht
- 1.
- zur Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses, zum Verzicht auf die Geltendmachung eines Vermächtnisses oder Pflichtteilsanspruchs sowie zu einem Auseinandersetzungsvertrag,
- 2.
- zu einem Rechtsgeschäft, durch das der Betreute zu einer Verfügung über eine ihm angefallene Erbschaft, über seinen künftigen gesetzlichen Erbteil oder seinen künftigen Pflichtteil verpflichtet wird,
- 3.
- zu einer Verfügung über den Anteil des Betreuten an einer Erbschaft oder zu einer Vereinbarung, mit der der Betreute aus der Erbengemeinschaft ausscheidet,
- 4.
- zu einer Anfechtung eines Erbvertrags für den geschäftsunfähigen Betreuten als Erblasser gemäß § 2282 Absatz 2,
- 5.
- zum Abschluss eines Vertrags mit dem Erblasser über die Aufhebung eines Erbvertrags oder einer einzelnen vertragsmäßigen Verfügung gemäß § 2290,
- 6.
- zu einer Zustimmung zur testamentarischen Aufhebung einer in einem Erbvertrag mit dem Erblasser geregelten vertragsmäßigen Anordnung eines Vermächtnisses, einer Auflage sowie einer Rechtswahl gemäß § 2291,
- 7.
- zur Aufhebung eines zwischen Ehegatten oder Lebenspartnern geschlossenen Erbvertrags durch gemeinschaftliches Testament der Ehegatten oder Lebenspartner gemäß § 2292,
- 8.
- zu einer Rücknahme eines mit dem Erblasser geschlossenen Erbvertrags, der nur Verfügungen von Todes wegen enthält, aus der amtlichen oder notariellen Verwahrung gemäß § 2300 Absatz 2,
- 9.
- zum Abschluss oder zur Aufhebung eines Erb- oder Pflichtteilsverzichtsvertrags gemäß den §§ 2346, 2351 sowie zum Abschluss eines Zuwendungsverzichtsvertrags gemäß § 2352.
Notwehr (§ 32 StGB)
Prüfungsschema zum Rechtfertigungsgrund der Notwehr (§ 32 StGB): Täter nimmt eine Handlung vor, die erforderlich und geboten ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff auf sich oder andere (dann: Nothilfe) abzuwenden.
- Inhaltsverzeichnis
- Objektive Voraussetzungen
- Notwehrlage
- Gegenwärtiger Angriff
- Notwehrfähiges Rechtsgut
- Rechtswidrigkeit
- Notwehrhandlung
- Verteidigungshandlung
- Erforderlichkeit
- Gebotenheit
- Ausschluss des Notwehrrechts
- Einschränkung des Notwehrrechts
- Subjektive Voraussetzungen
- Kenntnis der Notwehrlage
- Verteidigungsabsicht (str.)
- Rechtsgut
Die Notwehr dient gem. der dualistischen Notwehrkonzeption sowohl den individuellen Rechtsgütern des Angegriffenen als auch der Allgemeinheit (Rechtsbewährungsprinzip; Angegriffener verteidigt die Rechtsordnung).
Die Notwehr wird im Rahmen der Rechtswidrigkeit geprüft und lässt diese bei Vorliegen entfallen.
Objektive Voraussetzungen
Notwehrlage
Notwehrlage i.S.d. § 32 StGB = Gegenwärtiger rechtswidriger Angriff eines Menschen auf ein notwehrfähiges Rechtsgut des Täters (Notwehr) oder eines Dritten (Nothilfe)
Gegenwärtiger Angriff
Angriff = Jede durch menschliches Verhalten (h.M.: auch fahrlässig, durch Unterlassen oder schuldlos) drohende Verletzung rechtlich geschützter Güter oder Interessen
Gegenwärtig i.S.d. § 32 StGB = Angriff steht unmittelbar bevor, hat begonnen oder dauert noch fort
-
Zeitliche Komponente
Ca. Sekunden um den Angriff; ggf. auch noch nach Vollendung, aber nicht nach Beendigung (Fehlschlag, endgültige Aufgabe oder vollständige Durchführung)
Notwehrfähiges Rechtsgut
Notwehrfähige Rechtsgüter sind im Rahmen des § 32 StGB lediglich individuelle und keine kollektiven Rechtsgüter (h.M.).
Rechtswidrigkeit
Rechtswidrig = Angriff steht im Widerspruch zur Rechtsordnung
Der Angriff muss hierfür i.R.d. § 32 StGB nicht mit Strafe bedroht sein. Umfasst sind etwa auch Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts). Nicht umfasst sind jedoch Angriffe, die selbst gerechtfertigt sind – z.B. durch Notwehr (‚keine Notwehr gegen Notwehr‘).
Liegt Rechtswidrigkeit (Notwehr gegen Notwehr) beim unvermeidbaren Irrtum über Vorliegen eines Angriffs vor?
Beispiel: A und B täuschen einen tätlichen Streit vor. C hält dies unvermeidbar für eine Notwehrlage, will schlichten und geht auf A und B los. B hält ihn gewaltsam zurück (Nötigung, § 240 StGB). Ist das gewaltsame Zurückhalten des B aufgrund eines 'Angriffs' des C gerechtfertigt?
-
Rspr.: (+) Rechtswidrigkeit des Angriffs gegeben
(pro): Lediglich drohendes Erfolgsunrecht des Angriffs ist entscheidend
Im Beispiel: Der Schlichtungsversuch des C bedeutet Erfolgsunrecht für B, sodass ein rechtswidriger Angriff des C vorliegt → Zurückhalten des B war gerechtfertigt -
h.L.: (-) Keine Rechtswidrigkeit des Angriffs
(pro): Verhaltensunrecht ist maßgeblich
Im Beispiel: Der Irrtum des C war unvermeidbar, sodass kein Handlungsunrecht vorliegt. Der Schlichtungsversuch des C ist somit kein rechtswidriger Angriff. → Zurückhalten des B war nicht gerechtfertigt
Liegt keine Notwehrlage vor, ist umstritten, ob ein - im Rahmen der Schuld gesondert zu prüfender - sog. „extensiver Notwehrexzess“ gem. § 33 StGB in Frage kommt. Die h.M. lehnt dies ab. Siehe hierzu das Schema Entschuldigender Notwehrexzess (§ 33 StGB).
Notwehrhandlung
Notwehrhandlung = Erforderliche Verteidigungshandlung, die geboten ist, um den Angriff abzuwehren.
Verteidigungshandlung
Die Verteidigungshandlung muss sich gegen den Angreifer wenden (keine Drittwirkung).
Bei Handlungen, die in die Rechtsgüter Dritter eingreifen, kommen die Notstandsregelungen als Rechtfertigung in Betracht (s. das Schema bei § 34 StGB, bei § 904 BGB sowie bei § 228 BGB).
Erforderlichkeit
Im Rahmen des Erforderlichkeitsmerkmals des § 32 StGB wird sowohl geprüft...
- ob die Handlung geeignet ist, den Angriff zumindest abzuschwächen oder die Gefahr der Rechtsgutsverletzung zu verringern, als auch
- ob sie unter mehreren gleich geeigneten Mitteln das mildeste ist. Ein Ausweichen ist dem Angegriffenen dabei nicht als mildestes Mittel zuzumuten. (Merksatz: „Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen“.)
Die Notwehr des § 32 StGB erfordert keine Verhältnismäßigkeitsprüfung i.S.e. Güterabwägung. Arg.: Durch den Angriff verlieren die Rechtsgüter des Angreifers ihre Schutzwürdigkeit. Zu Einschränkungen siehe aber c) Gebotenheit.
Gebotenheit
Geboten i.S.d. § 32 StGB = Wenn die Rechtsordnung ihrer zur Bewährung bedarf
Aufgrund der Schärfe des Notwehrrechts bedarf es in den folgenden Fallgruppen der Einschränkungen aus rechtsethischen Erwägungen (h.M.):
Ausschluss des Notwehrrechts
In den folgenden Fällen entfällt die Gebotenheit; der Angegriffene kann sich nicht auf Notwehr berufen:
-
Bagatellangriffe des Angreifers
Hier liegt ein Angriff vor, der die Erheblichkeitsschwelle nicht überschreitet
z.B. Drängeln mit Körperkontakt -
Krasses Missverhältnis zwischen Angriff und Notwehrhandlung
Hier setzt der Verteidiger lebensgefährliche Verteidigungsmittel zum Schutz geringwertiger Rechtsgüter ein
z.B. Schuss auf Dieb eines Kaugummis -
Tötung als Notwehrhandlung (str.)
-
e.A.: Gebotenheit entfällt bei absichtlicher oder wissentlicher Tötung (Arg.: Art. 2 II 1 EMRK).
-
a.A.: Gebotenheit entfällt auch dann nicht (Art.: EMRK bindet nur den Staat und nicht Private).
-
-
Absichtliche Notwehrprovokation durch den Verteidiger
Hier provoziert der Angegriffene den Angriff absichtlich, um sich im Schutze der Notwehr hiergegen verteidigen zu können. Nach dualistischer Notwehrkonzeption unternimmt der Angegriffene keine Verteidigung der Rechtsordnung, sondern missbraucht diese. - Notwehr gegen Erpressung mit Enthüllungen (str.)
Hier droht der Angreifer dem Angegriffenen mit kompromittierenden Enthüllungen („Chantage“) → Gebotenheit der Notwehr entfällt nicht bei leichten bis mittelschweren Gegenmaßnahmen (etwa Delikte nach §§ 123, 303 StGB zur Beseitigung der Beweismittel); Gebotenheit der Notwehr entfällt jedoch bei schweren Gegenmaßnahmen (etwa Delikte gegen den Körper oder gar das Leben des Erpressers) (Arg.: Opfer hätte sich an Strafverfolgungsbehörden wenden können / sollen).
Einschränkung des Notwehrrechts
In den folgenden Fällen ist das Notwehrrecht eingeschränkt und der Angegriffene muss ...
- wenn möglich dem Angriff ausweichen,
2. wenn ein Ausweichen nicht möglich ist, Schutzwehr üben, d.h. den Angriff abwehren,
3. erst wenn Ausweichen und Schutzwehr nicht möglich sind, darf er Trutzwehr üben, d.h. zum Gegenangriff übergehen.
-
Angriff durch Familienangehörige und besonders nahestehende Personen
Arg.: Pflicht zu besonderer Fürsorge / Beschützergarantenstellung; a.A.: Freibrief für Ehe-/Familienmisshandlungen, daher nur bei intakten Beziehungen). -
Angriff durch erkennbar Schuldlose oder Irrende
-
Fahrlässige Notwehrprovokation und sonst vorwerfbar provozierte Angriffe
e.A.: nur bei rechtswidriger Provokation; a.A.: bereits bei sozialethisch zu beanstandender Provokation; je schwerer die Provokation, desto mehr muss der Provokateur hinnehmen
Subjektive Voraussetzungen
Sind subjektive Rechtfertigungsvoraussetzungen nötig?
-
h.M.: (+) Ja
(pro) Wortlaut „um zu“; nur so wird neben dem Erfolgsunwert auch der Handlungsunwert des Angriffs beseitigt -
a.A.: (-) Nein
(pro) Eine objektiv erlaubte Handlung kann nicht rechtswidrig sein (wenn subj. Elemente fehlen)
Kenntnis der Notwehrlage
Kenntnis der objektiven Umstände der Notwehr / Nothilfe.
Verteidigungsabsicht (str.)
-
h.M.: Verteidigung muss primäres Motiv der Abwehrhandlung sein (Arg.: Wortlaut „um zu“)
z.B. nicht: Besondere Bestrafung für Vergangenes aufgrund aufwallender Wut -
a.A.: Keine spez. Verteidigungsabsicht erforderlich
Was ist die Folge des Nichtvorliegens der subjektiven Rechtfertigungsvoraussetzungen der Notwehr?
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e.A.: Ganz normale Strafbarkeit nach vollendetem Delikt.
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a.A.: Strafbarkeit nach vollendetem Delikt, aber geringere Strafzumessung (§ 49 StGB analog; „Rechtsfolgenlösung“); klausurtaktisch vorzugswürdig, da keine separate Versuchsprüfung nötig.
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a.A.: Keine Strafbarkeit nach vollendetem Delikt, aber Versuchsstrafbarkeit (§ 23 StGB analog; „Versuchslösung“); Arg.: Wie beim Versuch nur Handlungsunwert, aber kein Erfolgsunwert vorhanden); in Klausur separate Versuchsprüfung.