BGB
Verweise
in § 1361b BGB

BGB  
Bürgerliches Gesetzbuch

ZivilrechtBürgerliches Recht

Familienrecht

(1) Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Ehewohnung befindet, so ist dies besonders zu berücksichtigen; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht.
(2) Hat der Ehegatte, gegen den sich der Antrag richtet, den anderen Ehegatten widerrechtlich und vorsätzlich am Körper, an der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung verletzt oder mit einer solchen Verletzung oder der Verletzung des Lebens widerrechtlich gedroht, ist in der Regel die gesamte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. Der Anspruch auf Wohnungsüberlassung ist nur dann ausgeschlossen, wenn keine weiteren Verletzungen und widerrechtlichen Drohungen zu besorgen sind, es sei denn, dass dem verletzten Ehegatten das weitere Zusammenleben mit dem anderen wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist.
(3) Wurde einem Ehegatten die Ehewohnung ganz oder zum Teil überlassen, so hat der andere alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln. Er kann von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.
(4) Ist nach der Trennung der Ehegatten im Sinne des § 1567 Abs. 1 ein Ehegatte aus der Ehewohnung ausgezogen und hat er binnen sechs Monaten nach seinem Auszug eine ernstliche Rückkehrabsicht dem anderen Ehegatten gegenüber nicht bekundet, so wird unwiderleglich vermutet, dass er dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht überlassen hat.
Quelle: BMJ
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Anfechtung wegen falscher Übermittlung (§ 120 BGB)

ZivilrechtBürgerliches RechtBGB AT

Prüfungsschema zur Anfechtung einer Willenserklärung wegen falscher Übermittlung (§ 120 BGB), wodurch diese als von Anfang an (ex tunc) nichtig anzusehen ist (§ 142 I BGB). Die Norm erfasst vor allem die unbewusste Falschübermittlung durch Erklärungsboten. Stellvertreter sind dagegen nicht erfasst. 

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Anfechtungserklärung (§ 143 BGB)
  3. Anfechtungsgrund (§ 120 BGB)
  4. Unrichtige Übermittlung der WE
  5. Einschaltung eines Übermittlers
  6. Unrichtige / falsche Übermittlung
  7. Unbewusste Falschübermittlung
  8. Erheblichkeit der Falschübermittlung (§§ 120, 119 I a.E. BGB)
  9. Kein Ausschluss
  10. Keine Bestätigung des Rechtsgeschäfts (§ 144 BGB)
  11. Keine Verfristung (§ 121 BGB)
  12. Unverzügliche Absendung der Anfechtungserklärung (§ 121 I BGB)
  13. Kein Verstreichen von 10 Jahren (§ 121 II BGB)
  14. Rechtsfolgen
  15. Ex tunc
  16. Ersatz des Vertrauensschadens (§ 122 BGB)

 

Die erfolgreiche Anfechtung einer Willenserklärung (WE) führt gem. § 142 I BGB grds. dazu, dass diese als von Anfang an (ex tunc) nichtig anzusehen ist. Die Prüfung erfolgt daher bei Ansprüchen üblicherweise unter dem Prüfungspunkt „Anspruch entstanden“. Da der Anspruch tatsächlich bis zur erfolgten Anfechtung bestanden hat, ist auch eine Prüfung unter dem Punkt „Anspruch nicht erloschenvertretbar.

Praktische Auswirkungen hat der Prüfungsstandort nicht. Sofern im Anschluss Kondiktionsansprüche geprüft werden, sollte aber im Einklang mit der Einordnung im ersten Fall eine condictio indebiti nach § 812 I 1 Alt. 1 BGB geprüft werden und in letzterem Fall eine condictio ob causam finitam nach § 812 I 2 Alt. 1 BGB.

 

Anfechtungserklärung (§ 143 BGB)

Bei der Anfechtungserklärung (AnfErkl) handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige WE.

  • Bedingungsfeindlichkeit
    Als Gestaltungserklärung ist die AnfErkl bedingungsfeindlich. Zulässig ist aber die Anfechtung unter einer sog. innerprozessualen Rechtsbedingung, bei der die Anfechtung - anders als § 158 BGB - für den Fall einer bestimmten rechtlichen Beurteilung (durch ein Gericht) vorgenommen wird. Bsp.: Anfechtung für den Fall, dass überhaupt ein Vertrag zu Stande gekommen ist.

  • Adressat
    Die Erklärung erfolgt gegenüber dem Anfechtungsgegner. Dies ist grds. der Erklärungsempfänger, bei Verträgen der Vertragspartner.

  • Form
    Die AnfErkl ist nicht formgebunden und muss den Begriff ‚Anfechtung‘ nicht enthalten. Sie muss aber zu erkennen geben, dass der Anfechtende die WE wegen Willensmängeln nicht gegen sich gelten lassen möchte.

  • Begründung (str., s. Problembox)

Ist die Angabe des Anfechtungsgrundes erforderlich?

  • h.M. BGH: (+) Ja
    Der Anfechtende muss die der Anfechtung zugrunde liegenden Tatsachen nennen, sofern sich der Grund nicht bereits aus den Umständen ergibt oder dem Anfechtungsgegner bekannt ist. 
    (pro) Anderweitig ist der Anfechtungsgegner nicht in der Lage, die Berechtigung der Anfechtung zu überprüfen.

  • a.A. RG: (-) Nein
    Die Anfechtung ist auch ohne Angabe von zugrunde liegenden Tatsachen wirksam.
    (pro) Wortlaut: § 143 BGB nennt dieses Erfordernis nicht.
    (pro) Systematik: Anderweitig macht der Gesetzgeber spezialgesetzliche Vorgaben zur Begründung (z.B. in §§ 573 III, 574 III BGB, § 102 BetrVG) 

 

 

Anfechtungsgrund (§ 120 BGB)

Anders als die Anfechtung nach § 119 II BGB wird eine Anfechtung nach § 119 I BGB, § 120 BGB oder § 123 BGB nicht durch den Vorrang des Gewährleistungsrechts verdrängt.

Unrichtige Übermittlung der WE

Einschaltung eines Übermittlers

  • Die WE wurde durch eine Person (z.B. Erklärungsbote, Dolmetscher) oder Einrichtung (z.B. Post, E-Mailübermittelt. § 120 BGB kommt daher nur bei empfangsbedürftigen WE in Betracht, da bei nicht-empfangsbedürftigen WE keine Übermittlung erforderlich ist.
  • Der Übermittler muss vom Erklärenden eingeschaltet worden sein (z.B. Erklärungsbote); Übermittlungsfehler aufseiten des Adressaten (z.B. des Empfangsboten) gehen zu dessen Lasten (da die WE nach Ankunft etwa beim Empfangsboten bereits ‚zugegangen‘ ist).

  • Der Stellvertreter ist kein Übermittler i.S.d. § 120 BGB, sondern gibt eine eigene WE ab.

 

Unrichtige / falsche Übermittlung

  • Vorab: Der Wortlaut spricht von „unrichtig“, die amtliche Überschrift von „falsch“; beide Begriffe sind gleichbedeutend
  • Die WE muss unrichtig übermittelt worden sein; dies ist sowohl bei unrichtiger Übermittlung einzelner Passagen der Fall, als auch, wenn diese völlig verändert wurde oder einem falschen Empfänger zugeht.

  • Beide WE müssen zunächst ausgelegt werden (§§ 133, 157 BGB), um eine Abweichung festzustellen.

 

Unbewusste Falschübermittlung

  • Im Falle der Einschaltung eines Erklärungsboten muss dieser die WE unbewusst unrichtig übermittelt haben. 
  • Bei vorsätzlicher Falschübermittlung durch eine Person finden nach h.M. die Vorschriften über den vollmachtlosen Vertreter (§§ 177 ff. BGB) Anwendung, sodass die WE auch ohne Anfechtung schwebend unwirksam ist.

 

Erheblichkeit der Falschübermittlung (§§ 120, 119 I a.E. BGB)

Fehlt, wenn der Erklärende die WE auch mit dem übermittelten Inhalt abgegeben hätte.

Bsp.: Bote übermittelt Kaufangebot mit zu niedrigem Kaufpreis.

 

 

Kein Ausschluss

Keine Bestätigung des Rechtsgeschäfts (§ 144 BGB)

Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Anfechtende das Rechtsgeschäft in Kenntnis aller Anfechtungsgründe bestätigt hat. Str., ob die Bestätigung zugangsbedürftig ist.

 

Keine Verfristung (§ 121 BGB)

Unverzügliche Absendung der Anfechtungserklärung (§ 121 I BGB)

  • Die Anfechtung wegen falscher Übermittlung muss unverzüglich erfolgen (§ 121 I BGB); die Erklärung muss nicht sofort, aber ohne schuldhaftes Zögern erklärt werden; dem Anfechtenden steht hierbei eine von den Umständen abhängende Prüfungs- und Überlegungsfrist zu.
  • Die Frist beginnt mit Kenntnis der Tatsachen, die jeweils zur Anfechtung berechtigen; fahrlässige Unkenntnis genügt nach h.M. nicht.
  • Beachte die Möglichkeit der Zurückweisung einseitiger Rechtsgeschäfte gem. § 174 BGB, wenn die Anfechtung durch einen bevollmächtigten Stellvertreter erfolgt; eine erneute Anfechtung ist dann i.d.R. nicht mehr unverzüglich.
  • Für die Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung der AnfErkl (§ 121 I 2 BGB); Wirksamwerden aber erst mit Zugang; geht die AnfErkl nach Absendung verloren, muss der Erklärende sie unverzüglich erneut absenden.

Kein Verstreichen von 10 Jahren (§ 121 II BGB)

Auch bei Unkenntnis vom Anfechtungsgrund ist die Anfechtung 10 Jahre nach Abgabe der ursprünglichen Erklärung ausgeschlossen.

 

 

Rechtsfolgen

Ex tunc

  • Die angefochtene WE wird so behandelt, als wäre sie von Anfang (ex tunc) nichtig.
  • Bei bereits vollzogenen Arbeits- oder Gesellschaftsverträgen tritt die Nichtigkeit grds. erst mit der Anfechtungserklärung ein (ex nunc), da eine Rückabwicklung regelmäßig mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist; dies gilt nicht, wenn die Rückabwicklung einfach möglich ist oder vorrangige Interessen wie der Schutz Minderjähriger betroffen sind.

  • Bei Teilnichtigkeit richten sich die Folgen nach § 139 BGB.

  • Sofern die Anfechtung zur Nichtigkeit eines Verpflichtungsgeschäfts führt, bleibt das Verfügungsgeschäft hiervon zunächst unberührt (Trennungs- & Abstraktionsprinzip). Eine Rückabwicklung erfolgt i.d.R. über §§ 812 ff. BGB.

 

Ersatz des Vertrauensschadens (§ 122 BGB)

  • Der Anfechtende hat dem Erklärungsempfänger den Schaden zu ersetzen, den er durch das Vertrauen auf die Gültigkeit der WE erlitten hat (Vertrauensschaden); d.h. der Erklärungsempfänger ist so zu stellen, als hätte er nie von der Willenserklärung erfahren (negatives Interesse) (§ 122 I BGB).
  • Der Erklärungsempfänger ist aber nicht besser zu stellen, als er bei Wirksamkeit der WE stünde (Begrenzung auf das positive Interesse) (§ 122 I BGB).

  • Ausschluss des Schadensersatzes, wenn der Geschädigte die zur Anfechtung berechtigenden Tatsachen kannte oder durch Fahrlässigkeit nicht kannte (kennen musste) (§ 122 II BGB).

 

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